Aufgehobene Welten – Die „external affairs“ von Henrike Kreck
Stößt Henrike Kreck auf Orte, die verlassen, verwunschen, in der Zeit stehen geblieben sind, so scannt sie sie „klickweise“ mit der Kamera ab, um sich ihrer erinnernd zu versichern. In der ausgedehnten Zeit, die dem Motiv während diesem und den folgenden Arbeitsschritten durchgängig gewidmet wird, lädt sich dieses durch die ihm entgegengebrachte Zuwendung gleichsam auf. Wie bei einem meditativen Akt wird die Örtlichkeit in ihrem Sein verändert. Im Zusammensetzen der etwa 300 Einzelaufnahmen zu einem großen Gesamtgefüge gehen die darin aufgesogene und gespeicherte Geschichte und Aura des Ortes in das Abbild über. Kulminationspunkt der inszenierten Räume sind die abschließend hineinplatzierten Einzelfiguren, die den Blick unweigerlich auf sich ziehen. Sie artikulieren die Befindlichkeiten der Orte und gleichen Hütern, denen Kostbares – von der Zeit ebenso Genährtes wie Verlustbedrohtes – anvertraut ist. Allegorien gleich triumphieren sie in den PC-generierten Historienbildern: als Grauen im Operationssaal des aufgelassenen Gefängnisses für politische Gefangene in Tallin; als vermeintliche Behaglichkeit in der heimischen Gartenlaube; als kalte, traumverhangene Einsamkeit in sumpfiger Waldlandschaft. Die collagierten Fotoarbeiten der Serie „external affairs“ von Henrike Kreck eint das Charakteristikum, im doppelten Sinne Welten aufzuheben. Zum einen dahingehend, dass bewahrenswürdige Orte gefunden und durch detaillierte fotografische Dokumentation digital archiviert werden. Zum anderen dahingehend, dass diese Orte durch den Akt ihrer künstlerischen Transformation auf eine höhere Ebene gehoben werden.
Mona Stocker